
Buchholz in der Nordheide/Landkreis Harburg. Befristete Arbeitsverträge bleiben im Landkreis Harburg ein großes Problem. „Trotz Fachkräftemangel verzichten viele Unternehmen nach wie vor darauf, ihre Beschäftigten langfristig zu binden und setzen stattdessen auf Arbeitsverträge mit einem Zeitlimit“, sagt Steffen Lübbert, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Lüneburg.
Lübbert beruft sich dabei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit: Im ersten Quartal dieses Jahres wurden im Landkreis Harburg rund 6.490 neue Arbeitsverträge geschlossen – 28 Prozent davon waren befristet. „Bundesweit liegt die Quote sogar bei knapp 34 Prozent. Das Ziel muss ganz klar sein, so wenig befristete Jobs wie möglich zu schaffen“, betont Lübbert. Er rät Arbeitnehmern, vor der Unterzeichnung eines Vertrags nachzufragen, warum dieser befristet ist.
Die Auswirkungen solcher Zeitverträge sind erheblich. „Arbeitsverträge auf Zeit bedeuten ‚wackelige Jobs‘. Wer eine langfristige Perspektive sucht, wird sich kaum auf einen ‚Job mit Verfallsdatum‘ einlassen, wenn Alternativen bestehen. Befristungen machen die Wohnungssuche schwieriger, sie erschweren Kreditanfragen und schränken wichtige Anschaffungen wie ein Auto oder eine Eigentumswohnung massiv ein“, erklärt Lübbert. Oft sei sogar die Familienplanung betroffen.
Um dies zu ändern, fordert die NGG die Abschaffung sachgrundloser Befristungen. „Die Ampel-Koalition hatte angekündigt, ‚Ketten-Befristungen‘ einzudämmen, hat dieses Ziel aber nicht umgesetzt. Das ist eine von vielen unerledigten Aufgaben, die für Beschäftigte jedoch von zentraler Bedeutung sind“, so Lübbert. Die nächste Bundesregierung müsse hier dringend nachbessern.
Besonders kritisch sieht die Gewerkschaft die befristete Weiterbeschäftigung nach einer Ausbildung. Viele junge Menschen erhalten nach Abschluss ihrer Lehre nur eine zeitlich begrenzte Anstellung. „Ein ‚Job mit Verfallsdatum‘ kann schnell zur Karrierefalle werden. Junge Leute wollen nicht auf der ‚beruflichen Warmhalteplatte‘ landen – egal ob in der Lebensmittelproduktion, Gastronomie oder anderen Branchen“, so Lübbert.
Doch das Problem reicht tiefer: Laut Böckler-Stiftung war im vergangenen Jahr fast jede zweite Neueinstellung (48 Prozent) bei unter 25-Jährigen befristet. Auch Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind stark betroffen: Über 50 Prozent von ihnen erhalten bei einer Neueinstellung nur einen befristeten Vertrag. „Arbeitgeber nutzen hier oft die schwächere Position der Betroffenen aus“, kritisiert Lübbert. Menschen mit Berufsausbildung sind etwas besser gestellt – bei ihnen liegt die Befristungsquote bei rund 28 Prozent.